Ein Schülerrechner für 100 €!
Inhaltsverzeichnis
Das Schlagwort lautet Raspberry Pi[1]
Die Hardware
Das Raspberry Pi ist ein Einplatinencomputer, d.h. auf einer einzigen Platine befinden sich nahezu alle Bauteile, die der Computer benötigt.
Das Besondere am Raspberry Pi ist seine enorme weltweite Verbreitung. Und längst hat es sein "Bastlerimage" abgeschüttelt, denn es kommt mittlerweile auch in professionellen Industrieanlagen zum Einsatz.[2] Die Übersicht der speziellen Raspberry-Pi-Komponenten bei https://www.raspberrypi.org/products/ zeigt die Breite des Angebotes, die Preise sind jedoch erfreulich niedrig. So ist ein Raspberry Pi 4 mit 4 GByte RAM für bereits 50€ zu beziehen, das aktuelle (und zu empfehlende) Modell mit 8 Gbyte RAM kostet 80€. Zusammen mit Netzteil, Gehäuse und Speicherkarte liegt der Preis bei 100€. Inklusive Monitor, Tastatur, Maus und Webcam sollte die von uns angepeilte Obergrenze von 200 € nicht überschritten werden. Oftmals ist dieses Zubehör bereits vorhanden und muß nicht einmal neu gekauft werden!
Aus eigener Erfahrung – auch wir haben Schulkinder – wissen wir, daß größere Beträge den Eltern kaum zuzumuten sind. Beträge von 500 € für z.B. eine Klassenfahrt oder noch mehr für einen Laptop oder ein Tablet schließen viele Kinder und Eltern schlichtweg aus!!! In Thüringen wird beispielsweise ab Klassenstufe 9 ein Schultaschenrechner für einen Preis von 180 € benötigt. Daran orientieren wir uns als Obergrenze oder besser Zumutbarkeitsgrenze für den Erwerb eines Schulungscomputers.
Schließlich ist auch zu bedenken, welchen Belastungen ein Computer in Kinderhänden ausgesetzt ist. Früher bekamen Bücher Stoßkanten, wurden mit Kugelschreiber wahllos bekritzelt, hatten die Papierseiten Eselsohren. Heute werden Bildschirme Risse bekommen, Tastaturen werden verklebt, die Rechner werden auch mal in die Sporttasche gepresst und fallen herunter.
Und ist bei einem Laptop oder einem Tablet für mehr als 400 € eine einzelne Komponente beschädigt, wird in den meisten Fällen nur ein Komplettaustausch infrage kommen.
Wir wünschen uns als Eltern für unsere Kinder einen Rechner, der aus austauschbaren Komponenten besteht, die zu 90% auch dann noch weiter verwendet werden können, wenn z.B. das Raspberry Pi 4 irgendwann einmal durch ein Raspberry Pi 5 ersetzt werden möchte. (Und als Softwareentwickler möchte ich hinterherschieben, daß ich mir für unsere Schulkinder außerdem einen Rechner wünsche, an dem sie mit Freude basteln können! Der Rechner benötigt freie Zugänge und eine lückenlose Dokumentation!
Austauschbar ist übrigens auch der Speicher. Da anstelle einer Festplatte im Raspberry Pi eine SD-Karte zum Einsatz kommt, wäre es möglich, mehrere kostengünstige SD-Karten für unterschiedliche Fächer oder auch spezielle Prüfungsinstallationen zu bespielen. Vorstellbar ist eine feste Installation am Schülerarbeitsplatz; der Schüler schiebt zu Unterrichtsbeginn nur seine SD-Karte in den Slot und kann den kleinen Rechner in derselben Weise benutzen, wie zu Hause.
Das Raspberry Pi ist für modulares Arbeiten und Lernen geradezu ideal!
Das Betriebssystem
Das Betriebssystem des Raspberry Pi ist in der Regel Linux, genauer gesagt, Raspbian, ein Derivat der sehr verbreiteten und bewährte Linux-Distribution Debian.
Raspbian ist eine sehr gut abgestimmtes und optimiertes Betriebssystem, es ist stets ausreichend aktuell und so gut getestet, daß es wenig Anlaß für Frust und Ärger bietet. Durch die gute Dokumentation ist es auch für Anfänger geeignet. Wer aus der Windows-Welt zu Linux kommt, wird darüber staunen, daß nahezu der gesamte Kosmos an Werkzeugen bereits im "Repositorium" vorhanden ist und Komponenten mit nur wenigen Tastendrücken frei hinzu installiert werden können.
Die Software
Das Spektrum ist schier unerschöpflich. Nahezu alles, was im Werkzeugkasten Freie Software – Übersicht über Freie Software für Schule und Unterricht auf http://www.medien-in-die-schule.de aufgelistet wird, ist auch für das Raspberry Pi erhältlich und kann meistens direkt aus dem Repository heraus installiert werden.
Hervorgehoben sei hier das prall gefüllte LibreOffice-Paket, das eine echte Alternative zu MS-Office darstellt, zu welchem es auch hinreichend kompatibel ist. Darüber hinaus gibt es sehr gute Programme für die Bildbearbeitung (Gimp, Krita, ImageMagick etc.), Zeichenprogramme wie Inkscape, diverse eMail-Programme, Browser, die komplette LaTeX-Textbearbeitungswelt, das Textsatzsystem Scribus, so geniale "Taschenrechner" wie Qalculate und dann natürlich alles, was ein Schüler braucht, um programmieren zu lernen! Die visuelle Programmiersprache Scratch bietet einen exzellenten Einstieg. Fortgeschrittene können selbstverständlich mit Python, C/C++, Java, PHP, Go etc. etc. weiter machen. Meine eigene Tochter nutzte ihr Raspberry Pi zur Herstellung eine Stop-Motion-Videos für den Kunstunterricht in der 8. Klasse. Für alles genügt das Raspberry Pi und für vieles davon wäre ein Tablet zum Wegwischen völlig ungeeignet gewesen!
Die Lizenzen
Alle Komponenten unterstehen einer OpenSource-Lizenz! D.h. sie dürfen frei benutzt werden und es fallen keine regelmäßigen Lizenzgebühren an, auch nicht für Updates!
Zum Einsatz des Raspberry Pi in der Erziehung siehe auch https://www.raspberrypi.org/education/
Empfohlene Literatur
- Michael Weigend: Raspberry Pi für Kids – Programmieren lernen und experimentieren mit Elektronik, Scratch und Python. 'mitp für Kids'. Empfohlen ab 12 Jahre. 3. Auflage.
- Michael Kofler, Charly Kühnast, Christoph Scherbeck: Raspberry Pi – Das umfassende Handbuch für Maker und Tekkies. Auch für Einsteiger geeignet. Aktuell zum Raspberry Pi 4. 'Rheinwerk Computing'. 6. Auflage.
Anmerkungen
- ↑ https://www.raspberrypi.org
- ↑ Wir verwenden bei archium® beispielsweise einen ähnlichen Einplatinencomputer mit ARM-Chipsatz für den Einsatz in Schaltschränken zur Kommunikation mit der SPS, siehe archium®-Digital Phalanx